Das Weißstorch-Paar, welches das Nest Ende März belegt hatte, brütete zwei Eier aus, inzwischen sind die beiden Jungtiere auch vom Boden aus gut zu beobachten und dürften in den nächsten Tagen flügge werden. Gleichzeitig ist für das Stadtgebiet ein weiterer Rekord zu melden: Insgesamt sind in diesem Jahr erstmals gleich drei Standorte – Maberzell, Kohlhaus und Alter Schlachthof – erfolgreich von Weißstörchen angenommen worden. Insgesamt ist mit 6 bis 7 Nachkommen zu rechnen.
Während die Weißstorch-Horste an den Standorten Maberzell und Kohlhaus schon seit Jahren immer wieder angeflogen und auch bebrütet wurden, ist der Erfolg am Alten Schlachthof eine kleine Sensation: In solch unmittelbarer Nähe zur Innenstadt hatte es zuletzt 1933 einen Weißstorch-Brutversuch gegeben, und zwar auf einem alten Fabrikschornstein in der Löherstraße. In der Folgezeit hatte der Weißstorch Fulda jahrzehntelang gemieden. Erst seit einigen Jahren hatten Vogelexperten beobachtet, dass sich wieder einzelne Tiere der Innenstadt nähern und mögliche Brutplätze auskundschaften.
Der Standort am Alten Schlachthof gilt mit seiner Nähe zu den aus Anlass der Landesgartenschau 1994 geschaffenen Wasserflächen und den großen Wiesen in der Fulda-Aue als geeignetes Jagdrevier für Störche. Die Untere Naturschutzbehörde der Stadt Fulda hatte deshalb im Frühjahr 2016 in Kooperation mit dem Kreisbeauftragten für Vogelschutz, Lothar Herzig, sowie mit den Eigentümern des Alten Schlachthofs, der Unternehmerfamilie Burg, eine Aktion gestartet, um den Störchen optimale Nistmöglichkeiten zu schaffen. Die damals installierte künstliche Plattform auf der Spitze des Schornsteins wurde zwar von den Tieren in der Folgezeit mehrfach angeflogen, aber zunächst nicht als Nistplatz angenommen.
Anfang März 2018 wurde die Plattform mit einigem Aufwand noch einmal „verfeinert“, um sie den Störchen schmackhaft zu machen: Sie wurde mit Stroh und Moos ausgepolstert und mit Reisig bestückt. Ein weiterer Trick: weiße Kleckse (aus chemikalienfreier Farbe) sollten potenziellen Brutpaaren suggerieren, dass der Horst schon im Vorjahr erfolgreich besetzt war. Mit Erfolg: Bereits am 15. März konnte ein Storchenpaar auf dem Schonstein beobachtet werden – es handelte sich augenscheinlich um jenes Paar, das nun erfolgreich Jungtiere aufgezogen hat.
An der erfolgreichen Aktion im Frühjahr mitgewirkt haben neben der Eigentümerfamilie Burg auch die Feuerwehr Fulda und die Firma Wemo, welche die Arbeiten in schwindelnden Höhen ermöglichten, sowie die Firmen Farben Felber und Wehner Motors sowie das städtische Betriebsamt. Manfred Storch, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde der Stadt Fulda, dankten allen Beteiligten sowie den fachlichen Ratgebern Lothar Herzig, Günter Krätzner (Naturschutzbeauftragter der Stadt Fulda) sowie Monika Löffler-Friedrich (Wildtierhilfe Rhön) und zog das Resümee:
„Dieser außergewöhnliche Bruterfolg ist ein schöner Lohn für all die Mühen um den Weißstorch in Fulda. Dass dieser Sympathieträger in das Herz der Stadt zurückgekehrt ist, zeigt beispielhaft, wie sich Investitionen in den Natur- und Umweltschutz langfristig auszahlen und ist überdies eine tolle Möglichkeit vor allem für Kinder, in nächster Nähe zur Stadt ein Tier zu erleben, das sie sonst nur aus Bilderbüchern kennen.“
Quelle: Osthessen-News vom 05.07.2018